04. November 2025 – 89.0 RTL
Nicht jeder bekommt Weihnachtsgeld vom Arbeitgeber. Fachanwalt Johannes Schipp erklärt, wann ein rechtlicher Anspruch besteht und welche Regeln gelten.
Die Vorweihnachtszeit bringt für viele von euch nicht nur festliche Stimmung, sondern auch die Hoffnung auf eine finanzielle Sonderzahlung. Doch während sich einige über Weihnachtsgeld freuen dürfen, gehen andere leer aus. Fachanwalt für Arbeitsrecht Johannes Schipp erklärt, wann ihr rechtlich Anspruch auf die beliebte Jahresendprämie habt – und welche Fallstricke ihr kennen solltet.
Schaut zuerst in euren Arbeitsvertrag
Der erste Blick sollte immer in euren Arbeitsvertrag gehen. Ist dort ein Anspruch auf Weihnachtsgeld ausdrücklich festgeschrieben, muss euer Arbeitgeber diese Zahlung auch leisten. Das gilt ebenso, wenn ein gültiger Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung die Sonderzahlung regelt.
Allerdings gibt es einen Haken: Viele Verträge enthalten Klauseln, die es dem Arbeitgeber erlauben, vergleichbare Leistungen anzurechnen. Wenn ihr also bereits eine Jahresprämie oder einen Bonus bekommen habt, kann es passieren, dass euer Weihnachtsgeld damit verrechnet wird. Die genaue Formulierung im Vertrag ist hier entscheidend.
Wenn Kolleginnen und Kollegen Geld bekommen – und ihr nicht
Selbst ohne vertragliche Regelung kann ein Anspruch entstehen. Der Grund liegt im allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, der Arbeitgeber verpflichtet, ihre Beschäftigten fair zu behandeln. Zahlt ein Unternehmen Weihnachtsgeld an einen Teil der Belegschaft, müssen grundsätzlich alle vergleichbaren Beschäftigten berücksichtigt werden.
Wenn ihr das Gefühl habt, ungerecht behandelt zu werden, schaut genau hin: Erhalten Kolleginnen oder Kollegen in ähnlicher Position die Sonderzahlung, während ihr leer ausgeht? Dann muss euer Arbeitgeber einen sachlichen Grund für diese Ungleichbehandlung nennen können. Fehlt dieser, besteht möglicherweise ein Anspruch auf die Zahlung.
Vorsicht beim Freiwilligkeitsvorbehalt
Viele Arbeitgeber sichern sich durch einen sogenannten Freiwilligkeitsvorbehalt ab. Dabei erklärt das Unternehmen bei der Auszahlung ausdrücklich, dass das Weihnachtsgeld eine freiwillige Leistung ist und keinen Anspruch für die Zukunft begründet. Diese Formulierung muss eindeutig sein – entweder im Arbeitsvertrag selbst oder schriftlich bei der Auszahlung.
Fehlt ein solcher Hinweis, kann das für euch vorteilhaft sein: Wenn euer Arbeitgeber drei Jahre hintereinander ohne Freiwilligkeitsvorbehalt Weihnachtsgeld zahlt, entsteht durch diese sogenannte betriebliche Übung ein rechtlicher Anspruch. Im vierten Jahr müsste die Zahlung dann ebenfalls erfolgen.
Häufige Fragen zum Thema Weihnachtsgeld
Kann mein Arbeitgeber das Weihnachtsgeld einfach streichen?
Das hängt davon ab, wie euer Anspruch entstanden ist. Steht die Zahlung im Arbeits- oder Tarifvertrag, kann sie nicht einseitig gestrichen werden. Bei freiwilligen Zahlungen mit entsprechendem Vorbehalt hat der Arbeitgeber mehr Spielraum. Nach drei Jahren ohne Vorbehalt greift jedoch die betriebliche Übung – und damit entsteht ein Anspruch.
Haben Teilzeitkräfte und Minijobber auch Anspruch auf Weihnachtsgeld?
Ja, auch hier gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz. Teilzeitbeschäftigte und Minijobber dürfen nicht ohne sachlichen Grund von der Zahlung ausgeschlossen werden. Allerdings kann das Weihnachtsgeld anteilig zur Arbeitszeit gekürzt werden. Wer halbtags arbeitet, bekommt in der Regel auch nur die Hälfte der Sonderzahlung.
Was passiert, wenn ich zum Jahresende kündige oder gekündigt werde?
Viele Arbeitsverträge enthalten sogenannte Stichtagsregelungen. Diese legen fest, dass nur diejenigen Weihnachtsgeld erhalten, die zu einem bestimmten Datum noch im Unternehmen sind. Solche Klauseln sind unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber können jedoch Ausnahmen gelten – hier lohnt sich eine rechtliche Beratung.